Eine erfolgreiche Unterschriftensammlung hat einen positiven Einfluss auf das Abstimmungsresultat

Innert nur 61 Tagen haben die Gegner des neuen Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) über 55’000 Unterschriften gesammelt. Damit gelangt voraussichtlich das Gesetz, welches die Überwachung von IV-Rentnern, Arbeitslosen und Krankenversicherten mittels Detektiven erlaubt, zur Abstimmung. Die Unterschriftensammlung war ein grosser Erfolg, denn die Initianten haben die Hürde von 50’000 Unterschriften problemlos erreicht. Die Initianten hätten nun noch 29 Tage Zeit, um zusätzliche Unterschriften zu sammeln. Eine neue Studie zeigt, dass dies sinnvoll sein könnte. Denn gemäss der Studie ist eine erfolgreiche Unterschriftensammlung nicht nur mit einem besseren Abstimmungsresultat korreliert, sondern verursacht diesen teilweise sogar.

Vor einigen Jahren haben wir auf diesem Blog eine Analyse über den Zusammenhang von Unterschriftenzahlen und Abstimmungsergebnissen publiziert. In unserer Analyse kamen wir damals zum Schluss, dass – ceteris paribus – bei Referenden 10’000 zusätzliche Unterschriften mit einem Rückgang des Ja-Stimmenanteils von etwa 0,8 Prozentpunkten einhergeht. Bei Volksinitiativen haben wir bei 10’000 zusätzlichen Unterschriften einen Anstieg des Ja-Stimmenanteils um 0,7 Prozent prognostiziert. Wir konnten aber nicht feststellen, ob es sich dabei nur um eine Korrelation handelt oder ob die Unterschriftensammlung selbst einen Einfluss auf das Abstimmungsresultat ausüben kann.

In einer neuen Studie zeigt Katharina Eva Hofer (Universität St.Gallen) nun auf, dass eine höhere Unterschriftenzahl nicht nur mit einem besseren Ergebnis korreliert, sondern auch einen kausalen Effekt darauf hat. Dies zeigt sie unter anderem indem sie 35 Initiativen vergleicht, welche kurz vor oder nach der 1978 eingeführten Erhöhung der verlangten Unterschriftenzahl zur Abstimmung gelangten.

Einen guten Teil des Unterschieds in der Unterschriftenzahl zwischen den Vorlagen im von ihr untersuchten Zeitraum (1971-1984) kann auf die Erhöhung der notwendigen Unterschriftenzahl und nicht auf andere Faktoren zurückgeführt werden. Weil die Erhöhung der notwendigen Unterschriftenzahl einen Einfluss auf die Abstimmungsergebnisse haben kann und es nicht plausibel ist, dass die gesetzliche Erhöhung der notwendigen Unterschriftenzahl und die Abstimmungsergebnisse durch einen anderen Faktor erklärt werden können, deutet dies auf einen kausalen Effekt der Unterschriftenzahl auf das Abstimmungsergebnis hin.

In ihren verschiedenen Modellen und Spezifikationen findet Hofer typischerweise, dass 1% mehr Wahlberechtigte, welche die Initiative unterschrieben haben, mit einem höheren Ja-Stimmenanteil von ca. 1% einhergeht. Auf die heutige Wählerschaft hochgerechnet würde dies bedeuten, dass bei Initiativen mit 53’000 zusätzlich gesammelten Unterschriften der Ja-Stimmenanteil um 1% steigt. Insgesamt schafft eine erfolgreiche Unterschriftensammlung also keine Wunder, aber sie kann einen kleinen Beitrag zu einem Erfolg an der Urne leisten.