Die erste Welle der GfS Umfrage in Prognosen übersetzt

GfS Bern führt für die meisten eidgenössischen Abstimmungen zwei Umfragewellen durch. Letzte Woche erschien die erste Welle der Gfs Umfragen für die Volksabstimmungen am 22. September. Für die Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht sprachen sich 35 Prozent aus, 57 Prozent sind dagegen und 8 Prozent blieben noch unentschieden. Für das Epidemiegesetz gab es eine Mehrheit von 49 Prozent (39 Prozent dagegen, 12 Prozent unentschieden) und für die Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops wollten 46 Prozent votieren (47 Prozent dagegen, 7 Prozent unentschieden). Wie das GfS-Team jeweils betont, handelt es sich bei den Umfragen um keine Vorhersagen sondern um Bestandsaufnahmen. Ausserdem unterliegen diese einem Stichprobenfehler und können aufgrund von Problemen bei der sogenannten “Gewichtung”, mit welcher Repräsentativität der Stichprobe zu erstellen versucht wird, um mehrere Prozentpunkte vom wahren Wert abweichen.

Auch wenn die Umfragewerte von GfS keine Vorhersagen sind, geben sie doch einigen Aufschluss darüber, wie ein Abstimmungsergebnis ausfallen könnte. Schweizer Politikexperten sind es sich gewohnt aus den GfS Umfragewerten den wahrscheinlichen Ausgang einer Abstimmung abzulesen. Ihre Prognosen leiten sie “Handgelenk mal Pi” aus ihrer Erfahrung und ihrem Bauchgefühl ab. Dabei folgen sie insbesondere einer weit herum bekannten Grundregel: Bis zum Wahltag verlieren sowohl Initiativen als auch Referenden deutlich an Zustimmung. Das heisst, die Herausforderer der Regierung büssen typischerweise auf den letzten Metern erheblich an Zustimmung ein, was dazu führt, dass Referenden, vor allem aber Initiativen nur vereinzelt erfolgreich sind.

GFS1_ReferendenAbbildung 1 zeigt den Zusammenhang der Ja-Werte bei der ersten Welle der GfS Umfragen und dem tatsächlichen Abstimmungsergebnis. Abgebildet sind dabei alle Initiativen seit Juni 2008 für die ich bei GfS Daten online gefunden habe. Die Abbildung zeigt deutlich, dass für Initiativen die Faustregel zutrifft. Während sich bei der ersten GfS Umfrage bei neun Abstimmungen eine Mehrheit für die Initiative aussprachen wurden nur vier angenommen. Und nur in einem einzigen Fall, der viel besprochenen Minarett-Initiative, sprach sich bei der ersten GfS-Umfrage eine Mehrheit gegen eine Initiative aus, während am Abstimmungssonntag eine Mehrheit dafür votierte. Ausserdem zeigt sich, dass die Abnahme des Ja-Anteils zwischen der ersten GfS Umfrage und dem Abstimmungssonntag jeweils recht konstant ist.

GFS1_InitiativenFür Referenden ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Gegner einer Gesetzes- oder Verfassungsänderung verloren in sechs von neun Fällen, bei welchen sie gemäss der ersten GfS Umfrage in der Mehrheit waren, die Abstimmung (Abbildung 2). Nur in einem Fall, nämlich dem obligatorischen Referendum zum Verzicht über die allgemeine Volksinitiative, gewannen sie die Abstimmung, obwohl gemäss Umfrage die Befürworter vorne lagen. Der Zusammenhang zwischen den Umfragewerten und dem Abstimmungsergebnis ist bei Referenden zwar ähnlich stark wie bei Initiativen, allerdings gibt es wesentlich stärkere Abweichungen von einem allgemeinen Trend. Dies macht es bei Referenden schwieriger von GfS Umfragen auf das Abstimmungsresultat zu schliessen als bei Initiativen.

Neben einer “Handgelenk mal Pi” Interpretation der GfS Umfragedaten lassen sich auch aus dem oben beschriebenen statistischen Zusammenhang basierende quantitative Vorhersagen machen. Dazu habe ich die GfS Umfragewerte sowie eine Unterscheidung zwischen Initiativen, Referenden und Gegenvorschlägen in ein Vorhersagemodell gepackt.* Dabei hat sich gezeigt, dass für die meisten Abstimmungen einigermassen genaue Vorhersagen erstellen lassen. Für einige Abstimmungen wie jene über die Abzocker-Initiative liegen die Prognosen jedoch recht weit vom tatsächlichen Ergebnis. Im Durchschnitt liegt die Prognose neun Prozentpunkte neben dem Schlussresultat. Es ist schwer zu sagen, wie gross der Anteil des Prognosefehlers ist, welcher durch bessere Daten reduziert werden könnte und welcher Anteil durch nicht vorhersehbare Ereignisse der Abstimmungskampagnen verursacht wurden.

Welche Vorhersagen macht das Modell für den Ausgang der Volksabstimmungen am 22. September? Extrapoliert man für die drei Vorlagen, welche zur Abstimmung stehen so erhält man einen Ja-Stimmenanteil von 32 Prozent für die Aufhebung der Wehrpflicht, 53 Prozent Ja zum Epidemiegesetz und 47 Prozent Zustimmung zur Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops. Beim Epidemiegesetz und der Liberalisierungs-Vorlage ist also noch nichts entschieden.

*Die Unterscheidung zwischen obligatorischen und fakultativen Referenden verbessert das Modell nicht.

 

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