Stimmen Secondos gegen Ausländer?

Dank einer neuen Umfrage gibt es zum ersten Mal Evidenz zum Abstimmungsverhalten von Personen mit Migrationshintergrund bei einer ausländerpolitischen Vorlage. Die Umfrage weist darauf hin, dass das Abstimmungsverhalten von Personen mit und ohne Migrationshintergrund bei ausländerpolitischen Vorlagen ähnlich ist.

Im Zusammenhang mit der Durchsetzungsinitiative haben die Secondos in den letzten Wochen viel Aufmerksamkeit erhalten. Das Abstimmungsverhalten von Migranten und Secondos ist weitgehend unerforscht und basiert bisher im Wesentlichen auf Anekdoten. So porträtieren Medien immer wieder Personen mit Migrationshintergrund, welche eine restriktive Ausländer- und Migrationspolitik befürworten.

Dank einer neuen Umfrage des FORS (Swiss Centre of Expertise in the Social Sciences) gibt es nun meines Wissens zum ersten Mal systematische Evidenz zum Abstimmungsverhalten von Personen mit Migrationshintergrund bei einer ausländerpolitischen Vorlage. Im Rahmen einer Zusatzbefragung zur repräsentativen MOSAICH Umfrage (Stähli et al. 2015) wurden 947 Personen nach ihrem Abstimmungsverhalten bei der Initiative “Gegen Masseneinwanderung” befragt wobei bei ausländischen Personen der hypothetische Abstimmungsentscheid erhoben wurde.*

Mit diesen Daten lassen sich die Präferenzen der Schweizer Staatsbürger mit und ohne Migrationshintergrund sowie der in der Schweiz lebenden Ausländer mit Migrationshintergrund darstellen. Zu den Personen mit Migrationshintergrund wurden dabei alle Befragten gezählt, welche im Ausland geboren sind oder mindestens einen Elternteil haben, welcher im Ausland geboren ist.**

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Die Abbildung zeigt, dass eine Mehrheit unter den Befragten mit Nein gestimmt hat bzw. hätte, wenn sie über das Wahlrecht verfügt hätte. Interessanterweise haben sich aber die Schweizer mit Migrationshintergrund in ähnlicher Höhe für die Initiative ausgesprochen wie jene ohne Migrationshintergrund. Nur unter den Befragten mit ausländischer Staatsangehörigkeit hätte ein deutlich höherer Anteil die Initiative abgelehnt.

Auch wenn die Umfrage nicht vollständig repräsentativ ist, so weist sie doch darauf hin, dass das Abstimmungsverhalten von Personen mit und ohne Migrationshintergrund bei ausländerpolitischen Vorlagen ähnlich sein kann. Möglicherweise identifizieren sich Schweizer Staatsbürger mit Migrationshintergrund nicht mit Ausländern und Neuankömmlingen und zeigen sich daher wenig solidarisch mit ihnen.

Fussnoten:
*Bei der Hauptbefragung wurden 1235 zufällig ausgewählte Personen befragt. Die Teilnahme bei der Zusatzbefragung lag bei 77%. Da es neben der Teilnahme an der Hauptbefragung also eine zusätzliche Selektion gab, sollte die Umfrage nicht als repräsentativ betrachtet werden.
**Schweizer Staatsbürger, welche im Ausland geboren sind, deren Eltern aber beide in der Schweiz geboren sind, wurden als Personen ohne Migrationshintergrund betrachtet.

Literatur:
Stähli, Michèle Ernst, Dominique Joye, Marlène Sapin, Alexandre Pollien, Michael Ochsner, Karin Nisple, Anthe van den Hende: MOSAiCH-ISSP: Befragung zur Staatsbürgerschaft und zum Sinn der Arbeit – 2015 [Dataset]. FORS – Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften, Lausanne. Distributed by FORS, Lausanne, 2015.