Ein historisches Debakel für die Vollgeld-Initiative?

Das schlechteste Resultat, das eine eidgenössische Initiative bisher erzielt hat, betrifft mit nur 2,7% Ja-Stimmenanteil eine Vorlage zur “Getreideversorgung” aus dem Jahre 1929. So tief dürfte der Ja-Anteil für die Vollgeld-Initiative nicht ausfallen und damit bleibt dem Initiativkomitee die Schmach eines Schweizer Rekords erspart. Dazu gilt es aber anzumerken, dass im Fall der Initiative “Getreideversorgung” immerhin gleichzeitig ein Gegenvorschlag angenommen wurde und damit die Initiative wenigstens indirekt Wirkung erzielte.

Ist es also möglich, dass die Vollgeld-Initiative den Rekord für das schlechteste Abstimmungsresultat einer Volksinitiative ohne Gegenvorschlag erreicht? Diesen Rekord hält die Initiative “Energie- statt Mehrwertsteuer” der Grünliberalen. Im März 2015 stimmten gerade einmal 8% der StimmbürgerInnen der Initiative zu. Gemäss einer Extrapolation der TA-Media Umfragen auf politan käme die Vollgeld-Initiative auf einen Ja-Stimmenanteil von 12%. Ganz unmöglich scheint der Minusrekord also nicht.

Allerdings sind Extrapolationen keine Vorhersagen und ausserdem stehen die Umfragewerte von TA-Media in deutlichem Kontrast zu jenen von GfS, die in beiden Wellen eine Zustimmung von über 30% ausgewiesen haben. Und wie die Abbildung unten zeigt, erwarten auch die TeilnehmerInnen des Prognosemarktes von 50plus1 einen Ja-Stimmenanteil zwischen 20% und 40%. Dieses Resultat wird bei einer Wahrscheinlichkeit von über 80% gehandelt (Stand 31. Mai, 16:47 Uhr). Ein Ergebnis unter 20% Ja wird als weit weniger wahrscheinlich (13%) eingestuft.

Auch wenn für die Vollgeld-Initiative das totale Debakel ausbleiben wird. Die Initianten müssen sich auf einen wenig erfreulichen Abstimmungssonntag einstellen. Denn wie unter anderem Hanspeter Kriesi in seinen klassischen Arbeiten zu Abstimmungen in der Schweiz gezeigt hat, sind Initiativen, welche keine Unterstützung von Parteien geniessen, in aller Regel chancenlos. Und dies gilt umso mehr, wenn es sich um komplexe Themen handelt. In solchen Fällen orientieren sich die BürgerInnen jeweils besonders stark an den Parteipositionen. Die Frage bei der Vollgeld-Initiative ist also nicht, ob sie abgelehnt wird, sondern wie hoch die Ablehnung sein wird.