Happy baby

Positiv oder negativ? Für jede politische Organisation, die sich an einem Abstimmungskampf beteiligt, ist die Frage der Grundausrichtung der Kampagne von zentraler Bedeutung. In der einschlägigen Literatur hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die Position (d.h. Pro- oder Contra-Seite) eine ausschlaggebende Rolle spielt. Demnach sollten die Befürworter einer Vorlage eine positive Kampagne bestreiten, während die Gegner auf negative campaigning setzen sollten. Diese Erwartung liegt im Umstand Baby_lachtbegründet, dass sich die Pro-Seite für eine Reform einsetzt. Im Rahmen der Kampagne muss sie ihren Vorschlag der Stimmbevölkerung beliebt machen. Dabei erscheint es angezeigt, vorwiegend positive Aspekte ins Feld zu führen. Im Gegensatz dazu steht die Contra-Seite die Wahrung des Status Quo ein. Die Gegner können sich im Wesentlichen darauf beschränken, die Nachteile der zur Debatte stehenden Vorlage in den Vordergrund zu rücken. Daher liegt es auf der Hand, in erster Linie auf negative Botschaften zurückzugreifen.

Baby_weintIn der Tat lässt sich bei eidgenössischen Abstimmungsvorlagen ein solches Grundmuster erkennen. Im Rahmen meiner Dissertation konnte ich nachweisen, dass die ablehnende Seite in weit grösserem Ausmass negative campaigning nachgeht als die befürwortende. Dies gilt auch für Emotionen: Während das Pro-Lager bei den StimmbürgerInnen eher Zuversicht und Enthusiasmus hervorzurufen beabsichtigt, neigen die Gegner einer bestimmten Vorlage vermehrt dazu, Ängste zu beschwören.

Ein illustratives Beispiel für die Verwendung von positiven und negativen Emotionen in Abhängigkeit der vorlagenspezifischen Position liefert die SVP in der Familienpolitik. Im März dieses Jahres bekämpfte die Volkspartei den Familienartikel an vorderster Front. Dabei wandte sich die SVP gegen die “Verstaatlichung der Kinder”. Emotional unterfüttert wurde diese Botschaft mit Bildern von unglücklichen und weinenden Babies und Kleinkindern, die zum Teil hinter Gittern dargestellt wurden. Die Absicht erscheint nahe liegend: Es sollte ein beklemmendes Gefühl provoziert werden, damit die Stimmbevölkerung ein Nein in die Urne legte.

Baby_positivIm Hinblick auf die November-Abstimmung hat die SVP nun eine Kehrtwende vollzogen. Um die von ihr lancierte Familieninitiative zum Durchbruch zu verhelfen, setzt sie plötzlich auf ein fröhlich wirkendes Baby. Grösser könnte der Kontrast zur aktuellen Kampagne also nicht sein. Ein “Jö-Effekt” dürfte nicht ausbleiben. Ob dieser zu einem Ja reicht, wird sich am 24. November zeigen. Gemäss unserer neusten Prognose ist mit einem knappen Ausgang zu rechnen.

 

 

http://eepurl.com/Jj2Xn