Wie der in diesen Tagen erscheinenden APS-Inserateanalyse November 2013 zu entnehmen ist, wurden in der Schweizer Presse am meisten Anzeigen zur 1:12-Initiative der JUSO geschaltet. In den letzten acht Wochen vor dem Abstimmungstermin erhob das Team des an der Universität Bern angesiedelten Projektes Année Politique Suisse in den 56 untersuchten Zeitungen nicht weniger als 991 Inserate. Davon entfielen deren 702 auf die 1:12-Initiative. Damit stellte sie die anderen zwei Vorlagen nicht nur was die redaktionelle Medienberichterstattung anbetrifft, sondern auch im gekauften Raum in den Schatten. Zum Nationalstrassenabgabegesetz wurden 251 Inserate geschaltet. Die mit Abstand geringste Intensität liess sich bei der Familieninitiative der SVP feststellen. Hier wurden lediglich 38 Inserate ausfindig gemacht.
Wie aufgrund des grossen Engagements der potenten Wirtschaftsdachverbände (Economiesuisse und Schweizerischer Gewerbeverband) erwartet werden konnte, handelte es sich bei der 1:12-Initiative um eine äusserst einseitige Angelegenheit. 660 Inserate zu dieser Vorlage stammten von der Contra-Seite, was einem beeindruckenden Anteil von 94% entspricht. Die Befürworter zeichneten dagegen nur für 42 Inserate verantwortlich. Dabei konnte auf Seiten des Ja-Lagers von keiner zentralisierten Inseratekampagne die Rede sein. Vielmehr markierten eine Reihe von kantonalen des linken politischen Spektrums in der jeweiligen Regionalpresse Präsenz.
Auf argumentativer Ebene setzten die Befürworter auf zwei Aspekte. Zum einen schrieben sie sich die Bekämpfung der Lohnexzesse im Top-Management auf die Fahne. Zum anderen brachten sie mit dem Argument der Lohngerechtigkeit die unteren Saläre zur Sprache. Somit lässt sich festhalten, dass die Befürworter sowohl die “1“ als auch die “12“ in den Vordergrund stellten. Um die Stimmbürgerschaft von einem Nein zu überzeugen, setzten die Initiativgegner ihrerseits auf Antietatismus und auf das Argument, wonach die Initiative im Fall einer Annahme Steuerausfälle und Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen zur Folge gehabt hätte. Dabei stach ins Auge, dass die Contra-Kampagne sprachregionale Unterschiede vornahm. In der Deutschschweiz spielten antietatistische Botschaften eine grössere Rolle als in der Romandie. Umgekehrt verhielt es sich dagegen mit dem Argument bezüglich der Steuerausfälle.
Schliesslich ist zu betonen, dass die italienischsprachige Schweiz von den Initiativgegnern stark vernachlässigt wurde. Im vorliegenden Fall kann dies nicht auf knappe finanzielle Ressourcen zurückgeführt werden. Ein möglicher Grund kann im Umstand gesehen werden, dass die Forderung der Initiative im Tessin in breiten Kreisen auf Sympathien stiess. In der Tat wurde 1:12 mit einem Ja-Anteil von 49% im Südkanton am knappsten abgelehnt. Auch die Zustimmung zur Abzocker-Initiative im März 2013 fiel mit 70.7% aussergewöhnlich hoch aus. Angesichts dieser Ausgangslage hielten es die Gegner wohl für opportun, sich auf die anderen Sprachregionen zu konzentrieren, wo ihre Argumente potentiell auf mehr Gegenliebe stiessen.
Quelle: Bernhard, Laurent (2014). APS-Inserateanalyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 24. November 2013. Bern: Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern.