Die Vorgängerin der Ecopop-Initiative

Am 30. November befindet die Schweizer Stimmbevölkerung über die sogenannte Ecopop-Initiative. Das Volksbegehren enthält zwei Hauptforderungen. Erstens soll die jährliche Nettozuwanderung auf maximal 0,2% der ständigen Wohnbevölkerung begrenzt werden. Zweitens verlangt die Initianten, dass 10% der Gelder, die der Bund im Rahmen seiner Entwicklungshilfe ausgibt, für Massnahmen der Familienplanung eingesetzt werden. Die Originalität der Initiative ist darin zu sehen, dass der geforderten Zuwanderungsbeschränkung eine ökologische Wachstumskritik zu Grunde liegt. Wirft man einen Blick in die Vergangenheit, so sticht eine Vorlage ins Auge, die eine ähnliche Stossrichtung verfolgte.

Diese stammte von der Nationalen Aktion (NA), der Vorgängerpartei der Schweizer Demokraten. Die NA hat aufgrund ihrer Überfremdungsinitiativen Eingang in die Schweizer Geschichtsbücher gefunden. Weniger bekannt ist, dass vor dem Hintergrund der Ausländerfrage auch die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen eine wichtige Rolle spielte. So nahm die NA als erste Partei der Schweiz ökologische Forderungen in ihr Programm auf. Besonders unter dem Vorsitz von Valentin Oehen schrieb sich die NA im Zusammenhang mit der Zuwanderung den Umweltschutz auf ihre Fahnen. 1978 lancierte die Partei die eidgenössische Volksinitiative „gegen den Ausverkauf der Heimat“. Diese verlangte einen Bewilligungsstopp für Verkäufe von Grundstück- und Ferienwohnung an Personen, die nicht in der Schweiz niedergelassen waren.

Im Kontext rasant steigender Mieten stiess die Forderung der Volksinitiative auf einen fruchtbaren Boden. Als Reaktion auf diese Gefahr beschloss das Parlament, mit der sogenannten Lex Friedrich einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten. Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) sah ein Bewilligungs- und Kontingentierungssystem für Ferienwohnungen und ein Verbot des gewerbsmässigen Immobilienhandels für Ausländer vor. Mit dieser Kompromissvorlage wurde insbesondere den Bedürfnissen der Berggebiete Rechnung getragen.

Unterstützt wurde die Initiative nicht nur von Rechtsaussen-Parteien. Aus ökologischen Gründen und aus Rücksichtnahme auf die Interessen der Mieter empfahlen die Föderation der Grünen Parteien, die SP, LdU und EVP ein Ja, wobei sich zahlreiche Kantonalsektionen der Sozialdemokraten gegen die Vorlage aussprachen. Der Bundesrat und der moderate Bürgerblock lehnte die Volksinitiative dezidiert ab. Am 20. Mai 1984 wurde die Volksinitiative „gegen den Ausverkauf der Heimat“ mit 51% Nein-Stimmen und 14,5 Ständen nur knapp abgelehnt. Mit diesem Entscheid konnte die Lex Friedrich im darauffolgenden Jahre in Kraft treten. Mehrheiten zu Gunsten der Initiative wurden in den Mittelland-Kantonen der Deutschschweiz registriert. Deutlich verworfen wurde das Volksbegehren hingegen in den Tourismusgebieten sowie in der föderalistisch gesinnten Westschweiz.

Gemäss der VOX-Analyse waren für die Annahme der Vorlage sowohl fremdenfeindliche als auch ökologische Motive von Bedeutung. Erstere schienen eine grössere Rolle gespielt zu haben, gaben doch 40% der befragten BefürworterInnen Beweggründe an, die im Zusammenhang mit der Überfremdungsfrage standen. Ein knappes Viertel führte Umweltschutzanliegen wie den Landschaftsschutz und die Knappheit des Bodens ins Feld.

Das Prognosemodell von 50plus1 erwartet eine deutliche Ablehnung der Ecopop-Initiative. Im Gegensatz zur Volksinitiative „gegen den Ausverkauf der Heimat“ dürfte ein Achtungserfolg also ausblieben. Indessen wird die VOX-Befragung Aufschluss darüber geben, inwiefern die Meinungsbildung des Pro-Lagers bei dieser Vorlage auf fremdenfeindlichen und auf ökologischen Überlegungen beruhte.

Quelle: VOX (1984). Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 20. Mai 1984. Bern: Forschungszentrum für Schweizer Politik.