Die Milchkuh im Wahlkampf 2015

Das APS-Team der Uni Bern hat auch zu den eidgenössischen Volksabstimmungen vom 5. Juni 2016 eine aufschlussreiche Inserateanalyse erstellt. Wie aus dem von Maximilian Schubiger und Niklaus Bieri erstellten Bericht hervorgeht, entfielen bei weitem am meisten Anzeigen im Zusammenhang mit der sogenannten Milchkuh-Initiative. Zu dieser Vorlage wurden während der letzten acht Wochen der Abstimmungskampagne in den 57 berücksichtigten Pressetiteln 609 Inserate gezählt. Dabei zeigt sich, dass das unterlegene Pro-Lager eine fast doppelt so hohe Publikationsintensität aufwies wie die Initiativgegner – 400 Ja-Inserate standen 209 Contra-Inseraten gegenüber. Die Autoren der Studie machen darauf aufmerksam, dass die befürwortende Seite bereits ab der elftletzten Woche im gekauften Raum präsent war, wodurch ihre Dominanz unter Berücksichtigung eines längeren Zeitraumes höher ausgefallen wäre.

Die in meinen Augen originellste Erkenntnis besteht darin, dass die Initianten weit früher im Pressewald in Erscheinung traten als gemeinhin angenommen. In der Tat hat das APS-Team in der heissen Phase des Wahlkampfes zu den Parlamentswahlen vom vergangenen Herbst 36 Testimonials gesammelt, in denen jeweils mehrere KandidatInnen mit ihren Portraits für eine (Wieder-)Wahl warben. Platziert wurden diese Milchkuh-Wahlinserate in verschiedenen Regionalzeitungen der drei grossen Sprachregionen zwischen dem 10. September und dem 16. Oktober 2015, wobei der Slogan “Wir kämpfen für eine faire Verkehrsfinanzierung“ zum Tragen kam.

Im Vordergrund stand ganz offensichtlich der Nationalratswahlkampf. Sieht man von den Doppelkandidaturen von Hansjörg Knecht (SVP/AG) und Walter Wobmann (SVP/SO) ab, bewarben sich alle abgelichteten PolitikerInnen für die grosse Kammer. Unter den insgesamt 26 Kandidierenden fanden sich nur vier Frauen, dafür der mittlerweile in den Bundesrat gewählte Guy Parmelin (SVP/VD) sowie ein Neugewählter (Thierry Bukart, FDP/AG) und ein Abgewählter (Pierre Rusconi, SVP/TI). Schliesslich nahmen sechs gewählte ParlamentarerInnen in der 25 Mitglieder zählenden nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) Einsitz: Adrian Amstutz (SVP/BE), Ulrich Giezendanner (SVP/AG), Nadja Pieren (SVP/BE), Walter Wobmann (SVP/SO), Thierry Burkart (FDP/AB) und Fabio Regazzi (CVP/TI).

In parteipolitischer Hinsicht gab eindeutig die SVP den Ton an. Wenn man die kumulierten Anteile der ParteivertreterInnen in den publizierten Inseraten berechnet, schwingt die Volkspartei mit 71% oben aus. Dahinter folgt weit abgeschlagen die FDP (17%). Eine marginale Rolle spielten derweil vereinzelte Kandidierende der CVP (6%), der Lega (4%) und der BDP (3%). Dies bestätigt die grosse Affinität der Automobil-Verbände zur SVP. Wie auto-schweiz, die Vereinigung der Schweizer Automobilimporteure, nach den Wahlen bekannt gab, wurden 69 NationalrätInnen gewählt, die sowohl die Milchkuh-Initiative als auch die Gotthard-Vorlage unterstützten. Auf dieser Liste befinden sich nicht weniger als 48 Mitglieder der SVP.

Quelle: Schubiger, Maximilian & Niklaus Bieri (2016). APS-Inserateanalyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 5. Juni 2016. Bern: Institut für Politikwissenschaft.